Wird schon reichen

«Wird schon reichen!», mit dieser Aussage bringt Heiko Vergien seine Mitarbeiter oft an den Rand des Wahnsinns. Man stelle sich vor, es findet eine Veranstaltung statt und es kommen mehr Leute als angemeldet. Das Büffet ist schon halb leer geplündert und zum Auffüllen ist nicht mehr so viel da. Besorgte Blicke der Mitarbeiter richten sich an den Küchenchef, doch dieser – die Ruhe in Person – entgegnet nur: „Wird schon reichen!“

Die Liebe zu Lebensmitteln und deren Zubereitung begleiten ihn schon seit Kindesalter. Eigentlich wollte er ja Bäcker werden…Doch aufgrund einer angeblichen Mehlallergie, fällt dieser Berufswunsch sehr schnell ins Wasser. Da war der Weg zum Beruf Koch naheliegend, nachdem er seine Lehre begonnen hat, war er schnell Feuer und Flamme, denn da kann er seine Kreativität in jeder Hinsicht voll ausleben. Nach der 3-jährigen Lehre, zog es ihn, wie auch viele andere Jungköche aufgrund des hohen Niveaus der Gastronomie, in die benachbarte touristische Schweiz. Erster Kontakt, die Ostschweiz, genauer Unterwasser. Dort arbeitete er eine Sommersaison, doch das war erst der Anfang seiner Reise. Denn wofür steht die Schweiz mehr als für Berge und Skifahren! Deshalb lagen folgende Ortschaften auf seinem beruflichen Werdegang: St. Moritz, Lenzerheide, Engelberg, Pontresina, Adelboden, Lenk und als letztes Laax. Er arbeitete sich dort vom Jungkoch zum stellvertretenden Küchenchef hoch.

An die Saisonstellen in den 90er Jahren erinnert er sich nur zu gerne zurück: «Die Arbeit war hart, die Freitage waren spärlich, aber der Zusammenhalt unter den Mitarbeitern sehr bereichernd.» Auch ein Höhepunkt in seiner beruflichen Karriere während der Saisonzeit-war der Spanienaufenthalt in Denia und auf Ibiza. Dort lernte er von den Besten auf Michelin-Niveau, was es heisst, seine Gäste so richtig kulinarisch zu verwöhnen.

Das Glänzen in seinen Augen, wenn er über Paella und das Brutzeln von Gambas spricht, zeigt wie sehr er die spanische Küche liebt. Denn bis heute gehört das Zubereiten der mediterranen, speziell der spanischen Küche, zu seinen Favoriten. Vielleicht liegt es auch daran, dass er seine Frau in Spanien kennengelernt hat und sie-so wie er-in der Gastronomie tätig war.

Egal ob Butterfiguren, selbstgeschnitzte Eisskulpturen oder riesige Dessertlandschaften, all das hat er in den letzten 30 Jahren mit viel Ausdauer, Fingerspitzengefühl und ganz viel Kreativität miterleben dürfen. Und auch heute merkt man seine Leidenschaft fürs Kochen: Seine Gerichte schmecken fein, rund, abgestimmt, einfach auf den Punkt gebracht, keine Prise Salz zu viel, einfach perfekt. Er weiss, wie man einen bestimmten Geschmack hervorhebt oder ihn in den Hintergrund schiebt. Was zusammen passt und was sich beisst. Ein weiteres Talent von ihm ist auch, dass ein kurzer Blick auf ein Rezept genügt, um zu sagen, ob es von den Mengenangaben her gelingen wird oder nicht.

Neben dem Kochen ist eines seiner grössten Hobbys das Fussballspielen. Bis heute kann er sich nicht erklären, wie er es damals geschafft hat, während seiner Lehre, also mit teils Sechs-Tage-Wochen, plus Wochenendeinsätzen, seinem Hobby so treu zu bleiben. Oft, so erzählt er, sei er in der Zimmerstunde an den Samstagen auf den Fussballplatz geradelt, um dort 90 Minuten lang Vollgas zu geben, um anschliessend zum Abendservice die Gäste im Restaurant wieder mit köstlichen Gerichten zu beglücken. Auch heute noch kann er seine Füsse nicht vom Ball lassen und trotz zwei Kreuzbandrissen und etlichen Miniskussschäden sieht man ihn immer noch oft auf dem FC-Gelände trainieren.

Er lässt sich während drei Jahren berufsbegleitend zum Dipl. Ernährungsberater IKP ausbilden. Danach war er viele Jahre für die anthroposophische Essensausrichtung im Spital Richterswil verantwortlich, wo er die biodynamische Küche mit all ihren Möglichkeiten praktizierte. Zudem leitet er Kochkurse für bariatrische Klienten am Kompetenzzentrum für Ernährungspsychologie (KEP) in Zürich. Anschliessend leitete er die Lassalle-Haus-Küche in Zug, dort kochte er vorwiegend vegan/vegetarisch. Jetzt arbeitet er seit zwei Jahren in der Residenz Falkenstein nicht Vollzeit und fahrradnahe, damit er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen kann. Dort kann er sein ganzes Wissen über die Ernährung mit einfliessen lassen und sorgt damit nicht nur für ein feines, sondern auch für ein gesundes, ausgewogenes Essen.

Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Menschen achtsam und respektvoller mit Lebensmitteln umgehen und das ihnen bewusst wird, was Lebensmittel überhaupt für eine Bedeutung haben. Auch so, sagt er, solle sich die Gastronomie mehr mit dem Thema Foodwaste auseinandersetzen und Betriebe sollen vermehrt regional und vor allem saisonal kochen und einkaufen. Seine Gäste können sich auf viele weitere Jahre “Menü à la Heiko” freuen, denn er hat nicht vor, seine Passion aufzugeben, sondern möchte solange es geht, im Beruf bleiben. Wer bleibt denn sonst besonnen und ruhig, wenn die Speisen langsam ausgehen, ganz nach seinem Motto «Es wird schon reichen».


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