Schnell und entschlossen
Um halb 6 klingelt der nervige Wecker immer unter der Woche. «Nicht schon wieder dieses Geräusch», schreit Ivan. Nachdem der Wecker aufgehört hat, seine Nerven zu strapazieren, begibt sich der Hotelkaufmann ins Badezimmer, um sich seiner täglichen Dusche zu unterziehen. Daraufhin folgt sein tägliches Ritual, welche Dehnübungen für den Rücken, Oberköper und die Beine sind. Vor allem den Rücken zu entspannen, ist für ihn sehr wichtig. «Einen Ausgleich gegen das ständige Sitzen braucht es im Alltag», erklärt er. Nach seinem 15-minütigen Training zieht er sich elegant an und begibt sich ins Hotel mit seinem schnellen Suzuki Swift Sport. Dort angekommen, isst er sein Frühstück in der Kantine meistens mit den anderen Mitarbeitenden, welche ebenfalls Frühschicht haben, wie der 1,75 m grosse Ivan. Am Tisch findet man bei ihm immer eine Tasse Kaffee, paar Stücke vom Zopf, Butter und Konfitüre. Sobald nur noch Krümmel auf dem Tisch zu sehen sind, begibt er sich zu seiner Frühschicht, welche er immer um 7 Uhr morgens entschlossen beginnt.
Multitasking-Genie
Sein Rezeptionstisch ist der Ort, wo er sich, während den 8 Stunden und 30 Minuten pro Tag am meisten befindet. «Ein bequemer Stuhl gehört zur Grundausstattung», betont er direkt. Aber nur Kunden an der Rezeption einzuchecken, sind nicht die einzige Tätigkeit, was er fünf Tage die Woche macht. Seine Arbeit beginnt schon bevor die Gäste ins Hotel kommen. Buchungsbestätigungen sowie die Organisation der Hotelzimmer ist ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit. In der Hochsaison muss Ivan diese Aufgaben meistens gleichzeitig mit anderen Tätigkeiten kombinieren, um die Flut an Arbeit im Winter bewältigen zu können. Auch nach dem Check-in begleitet er die Kunden indirekt bis zu ihrer letzten Minute im Hotel, was teilweise sehr viel Aufwand bedeutet.
Ein Spiel mit grossen Zahlen
Das Telefon ist immer griffbereit auf der rechten Seite seiner Glückstasse, falls der Kunde ein direktes Anliegen an ihn hat. Während den letzten Tagen des Kunden werden schon im Backoffice, wo Ivan ca. 40 % seiner Arbeitszeit verbringt, die Rechnungen für die Gäste erstellt. Die ganzen Belege vom Restaurant sowie die Snacks, welche aus dem Zimmerkühlschrank entnommen wurden, fliesen alle in eine Schlussrechnung, welche er vor dem Abreisen den Gästen übergibt. Diese wird meistens per Karte bezahlt, da die Preise für ein 4-Plus-Sternehotel in St. Moritz gerne mal in wenigen Tagen einen vierstelligen Betrag erreichen können. Wenn ausländische Gäste, meistens aus dem Osten, auschecken, können die Schlussbeträge in der Hochsaison für über eine Woche auch locker fünfstellige Summen betragen. Und dies gehört in der Skizeit zum Tagesgeschäft.
Bloss die Ruhe behalten
Es läuft aber nicht immer so prickelnd, wie es von aussen den Anschein macht. «Der Kunde ist König, solange er sich wie ein König benimmt», erwidert Ivan. Stressige und unangenehme Situationen gehören zum Tagesgeschäft für den 20-Jährigen. Natürlich muss alles bei der Ankunft bis zur Abreise des Gastes perfekt sein. Aber dies gelingt nicht immer. Zu kleines Zimmer, das Abendessen war nicht gut, die Zimmerfrau kommt immer zu früh, sind nur einige der Beschwerden, mit welchen Ivan konfrontiert wird. Die Ruhe und das Verständnis gegenüber dem Kunden müssen in diesen Situationen immer gegeben sein. Die schlimmste Situation war einmal, als die Zimmerreservation im System nicht rund lief und er den neuen Gästen bereits ein Zimmer übergab, welches aber schon besetzt war. «Dieser Moment war für mich sehr stressig und peinlich gegenüber meinen Kunden und natürlich entschuldigte ich mich für dieses Missgeschick sofort», gibt Ivan wieder.
Keine Auszeit
Wenn er sich nicht gerade mit komplizierten Gästen rumschlagen muss, trifft man den Brillenträger entweder im Klub mit seinen besten Freunden oder vor dem Fernseher mit seinen Geschwistern und Eltern. Um von der Arbeit herunterzukommen, geht er eine Runde joggen rund um den St. Moritzersee, damit er etwas von der erfrischenden Engadinerluft abbekommt. Sein Arbeitsweg nach Hause ist eine Sache von 15 Minuten, da er im nahegelegenen Pontresina eine 2-Zimmer-Wohnung bewohnt. Am Wochenende ist er so viel draussen wie möglich. «Die Luft auf 1’800 m tut dem Körper sehr gut», erklärt er. Auch die Landschaft ist atemberaubend. «Es sieht in diesem Stück Schweiz so aus, als hätte man eine Brise von Kanadas schönsten Wäldern über den Atlantik mitgebracht». Wenn das Wetter passt, packt er seinen 6-Gang schaltgetriebenen Suzuki aus und bezwingt gleich mehrere Pässe mit seinem Eintonnen Gefährt.
Durchbeissen ist gefragt
Seine Freunde beschreiben Ivan als einen sehr hilfsbereiten und zuvorkommenden Menschen mit einem Hauch von Verrücktheit und Risikobereitschaft in seinen Charakterzügen. Dies können seine Freunde an mehreren peinlichen und durchgedrehten Beispielen bestätigen. Ivan macht das aber überhaupt nichts aus. «Man lebt nur einmal auf dieser wunderschönen Welt», betont er eine berührende Art und Weise. Mountainbike fahren zählt er ebenfalls zu seinen liebsten Hobbys. Wer einen Blick oben auf seinen Schrank wagt, wird gleich mehrere, zum Teil verstaubte Preise finden. Diese Preise erhielt er durch viele Teilnahmen an Rennen, welche er alle für sich entscheiden konnte. «Diese Preise gewinnst du nur, wenn du gegen dich selbst gewinnst», betont er ernst. Auch eine hohe Sozialkompetenz gehört zu seinen Eigenschaften.
Der als jüngster von 2 Geschwistern geborene Ivan hat das Licht der Welt am 08.10.2001 erblickt. Die Reise in die Berufswelt begann in der Berufsschule von Samedan. Nach der 3-jährigen Ausbildung zum Kaufmann fing er im Hotel Victoria in St. Moritz als Rezeptionist an zu arbeiten. Zurzeit leistet er aber seinen Militärdienst im Kanton Bern als Funker. Ivan besitzt in Pontresina eine kleine Wohnung, die er alleine bewohnt.