Er sieht die Welt mit anderen Augen: Horst Papenfuss, gelernter Schriftsetzer und immer noch sehr engagierter Freizeitgrafiker, erschafft aus der Aneinanderreihung einzelner Buchstaben wahre Kunstwerke. Das kommt allerdings nicht von ungefähr, denn diese Fähigkeit hat er sich während seiner knapp 50-jährigen beruflichen Laufbahn angeeignet. So ist nicht nur das Fingerspitzengefühl unabdingbar, sondern auch ein scharfes, geschultes Auge von äusserster Wichtigkeit. «Man hat ja alles spiegelverkehrt gesehen», beschreibt er die Besonderheit beim Einfügen der Bleibuchstaben in den Winkelhaken. Eine der vielen Eigenarten im tagtäglichen Leben eines Schriftsetzers.
Speziell die visuellen Aspekte scheinen für meinen Grossvater eine grosse Bedeutung zu haben. So erinnert er sich daran, wie fürchterlich doch die Plakatsäulen in Deutschland gegen Ende der 50er-Jahre ausgesehen hätten – «Da kriegt man fast Augenwasser!», ergänzt er und schlägt sich dabei die Hände vors Gesicht. Ein Ansporn, selbst etwas zu gestalten, das aus der Masse heraussticht – etwas, das inspiriert. Dass dahinter nicht nur Talent, sondern vor allem auch harte Arbeit und Hingabe stecken, wird oft gerne übersehen. «Man ist ja nicht perfekt, man muss immer schauen, dass man aus Fehlern weiter lernt», betont Horst. Dies führt dazu, dass er sich nebst der 48-Stunden-Woche auch in seiner Freizeit ausgiebig mit seinem Handwerk auseinandersetzt. Denn wenn man wirklich von etwas fasziniert sei, dann lasse es einen nicht mehr los. Dass man in seiner Arbeit aufgehe und nicht einfach bloss auf den nächsten Zahltag warte, stehe für ihn im Mittelpunkt, ergänzt er mit ernster Miene. Zudem habe die Druckindustrie zu jener Zeit ein absolutes Monopol auf sämtliche Druckerzeugnisse gehabt. «Es hat keiner selbst Briefbögen machen können – ja mit was auch?», stellt mein Grossvater mit gewissem Stolz in seiner Stimme klar, «Da hat er in eine Druckerei gehen müssen.»
Schmunzelnd blickt er auf die Anfänge seiner Karriere zurück: Seine grösste Herausforderung? Die Gesellenprüfung! In einer Stunde mindestens 1400 Zeichen setzen – eine Herkulesaufgabe. Man kann es jedoch nicht wie in der heutigen Zeit mit dem Tastaturschreiben vergleichen, denn nebst dem Aneinanderreihen der Bleibuchstaben muss auch immer manuell auf die passenden Wort- und Zeilenabstände geachtet werden. Antique; Grotesque; Fractur – Fonts, die man gegenwärtig noch in etlichen Textbearbeitungsprogrammen immer wieder antrifft, sind auch für erfahrene Schriftsetzer nichts Fremdes. Doch anders als heute in Word muss im Vorfeld bereits festgelegt werden, welche Schriftart und -grösse verwendet werden sollen, da eine nachträgliche Anpassung mühselig wäre und nicht mit einem einzelnen Mausklick erledigt werden kann. Solch eine Schriftart wird dabei in einem Setzkasten aufbewahrt, welcher tausende von einzelnen Bleibuchstaben beinhaltet. Damit habe man besonders vorsichtig umgehen müssen, denn wenn einer hinuntergefallen wäre, wäre es schnell sehr teuer geworden, da die Schriftzeichen sehr schnell hätten beschädigt werden können, fügt er an. «Und das Interessante an diesen Setzkästen ist, dass die Buchstaben, die häufig benötigt werden – wie a, e, i und so – besonders leicht erreichbar sind, während beispielsweise ein x weiter entfernt ist.» Ein Prinzip, welches sich bis hin zu den modernen Tastaturen durchgesetzt hat.
Wie andere Berufe auch, ist derjenige des Schriftsetzers dem technologischen Fortschritt zum Opfer gefallen. Man will alle Prozesse immer schneller abwickeln, was durch die Verbreitung des Computers begünstigt worden ist. Statt den Beruf zu wechseln, stellt sich mein Grossvater der Herausforderung des Wandels und holt das Beste aus der Situation heraus. Durch stetige Weiterbildung gelingt es ihm, seine innere Flamme weiterbrennen zu lassen und diese Tätigkeit bis hin zu seiner Pensionierung auszuüben. Und doch verliert der Stellenwert des Schriftsetzers fortlaufend an Ansehen, wie folgende Begebenheit exemplarisch aufzeigt: «In den ersten Jahren, als wir in Littau gewohnt haben, hat einmal ein Junge mit seiner Mutter an der gleichen Bushaltestelle wie ich gewartet und zu ihr gesagt: ‹Du Mama, der Mann da ist Schriftsetzer!› – Da war der Beruf noch etwas. Etliche Jahre später habe ich wieder an derselben Haltestelle auf den Bus gewartet. Da hat mich jemand angesprochen und gefragt, ob ich noch genügend Arbeit hätte.»
Auch wenn der Beruf in dieser Form so nicht mehr existiert und mein Grossvater bereits pensioniert ist, hat er dennoch die Aktivitäten des Schriftsetzers tief ins Herz geschlossen.
WE LOVE YOU JANIS
eifach klar dass du das perfekt hesch
Du hast heute eine großartige Leistung gezeigt und deine Arbeit war wirklich beeindruckend.