Luftverkehrsangestellte: Ich habe alle Gefahren gesehen

Ist es nicht ein spezielles Gefühl, mitten in der Nacht, bei düsterer Finsternis, an den Flughafen zu fahren? Das Gefühl, wenn alle noch tief und fest am Schlafen sind, die Strassen wie leergefegt wirken, und du nicht genau weisst, was dich die nächsten paar Tage erwarten wird. Bei Diana Zurgilgen, 28, wird die finstere Fahrt zum Flughafen zur täglichen Routine, denn um 4 Uhr morgens bzw. im Sommer bereits um Viertel vor, beginnt bei ihr die Frühschicht. Nicht nur für viele Passagiere ist der Flughafen etwas Besonderes, sondern auch für sie. Ihre Lieblingsaufgabe ist es das Gate zu bedienen da laut ihr am Gate immer ein wenig Action ist. Alles müsse auf die Minute genau gemacht werden und gleichzeitig habe man noch die Passagiere, die immer etwas von einem wollten. Mit strahlenden Augen erklärt sie: «Da musstest du einfach zack-zack-zack-zack-zack», sie lacht, «das habe ich sehr gerne gemacht, da einfach immer was lief.»

Doch wo Sonne ist, ist auch Schatten. ‹Wenn ein Flieger überbucht war, dann musstest du einen Speech machen, um zu erklären, wie die Situation gerade ist und die Optionen anbieten, was man bekommen würde, falls man sich freiwillig meldet und einen Flug später nimmt z. B. dass du 200.- als Entschädigung kriegst›, mit traurigem Unterton verrät sie, dass das System bereits gewisse Leute vorgibt, falls sich niemand meldet. Diese müsse man direkt vorab darüber informieren, dass sie auf der Liste stehen und allenfalls nicht mitfliegen dürfen. Doch nicht nur das mache ihr zu schaffen, denn eines verfolge sie immer noch. «Wie ist es für dich in die Ferien zu fliegen?» Sie meint: «Ich habe alle Gefahren gesehen. Ich habe alles vorausgesehen.» Sie nehme immer ein paar Kleidungsstücke im Handgepäck mit, falls der Koffer nicht ankommt. Auch sei sie immer viel zu früh am Flughafen. Sie habe mehr Stress als bevor sie am Flughafen arbeitete, da sie schon sehr vieles erlebt habe, was schiefgelaufen sei. «Ich gehe trotzdem immer noch gerne.» Sie lacht.

Die schönen Momente überwiegen jedoch in ihrem Berufsalltag. Sie habe es geliebt, mit den Mitarbeitenden zu telefonieren, was für die Disposition notwendig war. Auch sei es ein spezielles Gefühl, mit ganzem Stolz in ihrer Uniform vor die Leute zu treten.

Mit dem Flughafen verbinden viele auch Sprachen aller Welt. Da muss man doch mindestens zwei Fremdsprachen können, um angestellt zu werden, oder etwa nicht? Fast. Sprachen sind wichtig und Englisch sei sogar eine Voraussetzung. «Französisch eigentlich auch, aber Französisch konnte ich nicht», lachte sie und fährt fort, «sie haben mich trotzdem genommen.» Nochmals verzaubert ein Lachen ihr Gesicht.

Man muss auch kein Frühaufsteher sein, um den Beruf ausüben zu können, denn bei der Monatsplanung kann man sagen, ob man lieber Früh- oder Spätdienst machen will.

Die letzte Schicht dauert normalerweise bis abends um 23 Uhr. Aufgrund einer Verspätung eines Fluges kann es jedoch auch unerwartet später werden, denn sie gesteht: «Ich war auch schon bis drei Uhr morgens am Flughafen.»

Für den Beruf muss man recht flexibel sein. So erklärt sie: «Man hat zwar seine Aufgaben, aber man weiss nie den genauen Tagesablauf, da sich die Aufgaben durch den Tag plötzlich auch ändern können.» Eine Aufgabe in der Disposition sei das Gate für den Tag zu planen. Heisst Abflüge müssen an Gates verteilt werden. Verspätungen und gestrichene Flüge werden umverteilt. «Vieles ist unberechenbar gewesen.» Trotzdem müsse man alles für den nächsten Tag vorausplanen.

Nicht nur die Freizeit, sondern auch der Lohn sei attraktiv gewesen. Im Stundenlohn habe sie bis jetzt am meisten verdient. Punkte, welche in ihren Worten ‹huere geil› waren.

Vier Jahre lang war sie Luftverkehrsangestellte bei der Swiss International AG und wenn Covid-19 sich nicht hätte blicken lassen, wahrscheinlich noch länger.

Am Ende des Interviews betont sie: «Ich vermisse die Zeit sehr. Wenn du jung bist, kann ich es jedem empfehlen, der in der Nähe des Flughafens wohnt.»

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